Napoleonsweg: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Napoleonsbuche.jpg|thumb|Foto und Bildtext von H. Hölker: "Die Napoleonbuche in der Hohen Mark. Mit einem Stammumfang von 4,10 m und einer Höhe von 20 m hebt sich heute der Torso (beim Sturm 1974 hat der Baum seine Krone verloren) aus der einförmigen Kiefernumgebung ab."]]
 
[[Bild:Napoleonsbuche.jpg|thumb|Foto und Bildtext von H. Hölker: "Die Napoleonbuche in der Hohen Mark. Mit einem Stammumfang von 4,10 m und einer Höhe von 20 m hebt sich heute der Torso (beim Sturm 1974 hat der Baum seine Krone verloren) aus der einförmigen Kiefernumgebung ab."]]
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[[Bild:Napoleonsbucheheute.jpg|thumb|Napoleonsbuche : Heute vermodert der 5 m lange Rest am Wegrand]]
 
Seit der Römerzeit hat es rund 1.500 Jahre in Mitteleuropa keinen nennenswerten Fernstraßenbau gegeben, die Wege waren in einem schrecklichen Zustand. Die "Kunststraßen" Napoleons sind die ersten modernen Straßen.
 
Seit der Römerzeit hat es rund 1.500 Jahre in Mitteleuropa keinen nennenswerten Fernstraßenbau gegeben, die Wege waren in einem schrecklichen Zustand. Die "Kunststraßen" Napoleons sind die ersten modernen Straßen.
  

Version vom 14:55, 10. Mär 2008

NapoleonsEuropa.jpg

Route impériale de première classe de Paris á Hambourg

Rot=Frankreich 1812 . Grün=Heerstraße Paris-Hamburg
Karte 1821

Sie haben sich nicht verlesen! Der Napoleonsweg ist Teil einer "Grande route", der 14-20 Meter breiten Kaiserstraße Nr.3 Paris-Reims-Lüttich-Wesel-Münster-Bremen-Hamburg. Napoleon annektierte während der Kontinentalsperre Nordwestdeutschland womit die Herrlichkeit Lembeck mit Wulfen zum Kaiserreich Frankreich gehörte! Aus militär-strategischen Gründen ließ Napoleon 1811/1812 eine Große Heerstraße von Paris nach Hamburg beginnen. Von Wesel aus verlief sie recht geradlinig auf Wulfen zu, die Trasse der späteren B58. Von Wulfen sollte die Straße durch die öde Hohe Mark Richtung Dülmen verlaufen, gegenüber einer Linienführung über Haltern eine nur 2 km kürzere Strecke.

Die französischen Heerstraßen wurden in der Mitte für die schwere Artillerie gepflastern und hatten an den Seiten Sandstreifen für die Marschkolonnen sowie Entwässerungsgräben. Gepflastert waren in Wulfen nur die ersten 600 Meter als die Zeit Napoleons nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Herbst 1813 zu Ende ging. Große Teile der ganzen Straße waren da noch im Bau. Der Abschnitt Wulfen-Lavesum wurde nie fertiggestellt. Preußen baute stattdessen 1832 die Straße Wulfen-Haltern, die heutige Dülmener Straße. Die B51 von Dülmen nach Münster und Telgte ist ebenfalls Teil der napoleonischen Heerstraße und wurde auch erst teilweise 1828 fertiggestellt. Daher stammt der Name "Weseler Straße" für die südliche Haupteinfallsstraße in die Domstadt.

Straßenbau-Verdingung, aus Rhade Bd.2
Foto und Bildtext von H. Hölker: "Die Napoleonbuche in der Hohen Mark. Mit einem Stammumfang von 4,10 m und einer Höhe von 20 m hebt sich heute der Torso (beim Sturm 1974 hat der Baum seine Krone verloren) aus der einförmigen Kiefernumgebung ab."
Napoleonsbuche : Heute vermodert der 5 m lange Rest am Wegrand

Seit der Römerzeit hat es rund 1.500 Jahre in Mitteleuropa keinen nennenswerten Fernstraßenbau gegeben, die Wege waren in einem schrecklichen Zustand. Die "Kunststraßen" Napoleons sind die ersten modernen Straßen.

Napoleon selbst ist definitiv nie in Wulfen gewesen. Auf einer Huldigungsreise durch das Rheinland war er aber im Herbst 1811 in Wesel. Reste seiner Truppen zogen nach den Niederlage von Leipzig Ende 1813 durch Wulfen zum Rhein, denen preußische und russische Truppen folgten.

Literaturtipp: Die Herrlichkeit Lembeck in napoleonischer Zeit / Hugo Hölker. In: Rhade : Beiträge zur Geschichte und Volkskunde im 20. Jahrhundert, Bd. 2, 1989, S.88-101

Hanne David: Zustand der Wege in Westfalen in früheren Jahrhunderten. In: Dülmener Heimatblätter. 2004, Heft 2

Link: Große Karte von Westfalen 1811

Bau der Militärstraße, von H. Scheffler

Buchumschlag

In dem 1983 erschienen Buch "Soldaten Napoleons im Raum Schermbeck, Drevenack, Büren" von Helmut Scheffler ist auf S.42-44 folgendes zu lesen {gekürzt}:

Für ein Land, das sich fortwährend genötigt sah, sein Heer in die verschiedensten Richtungen zu schicken, war die Forderung nach gut ausgebauten Straßen leicht einsehbar. Frankreich galt seit Colberts Tagen als das klassische Land des Straßenbaus. Sein straff verwaltetes Staatswesen erlaubte die systematische Anlage von überregionalen Straßen. Währrend der Zeit von 1800 bis 1812 sind in dem damaligen Frankreich allein 300 Millionen Fr. für den Straßenbau verwendet worden. Zunächst wurde die Route Venlo-Wesel in Angriff genommen, dann beschloss Napoleon den Bau einer durchgehenden Verbindung Paris-Hamburg. "Die Chaussee Hamburg-Wesel", schrieb Napoleon dem Finanzminister Gaudin am 17. August 1811, "rückt Hamburg um 4 Tagesreisen näher an Paris heran; das sichert und befestigt die Vereinigung dieser Länder mit dem Kaiserreich und es ist eine Angelegenheit von höchster Bedeutung". Zahlreiche Bauern ... mussten ihre Ländereien abgeben. Hinzu kamen Hand- und Spanndienste, die zum Teil erst nach 1816 abgegolten wurden. 1813 wurde die neue Straße ... [in eine Karte] eingetragen, obwohl das Teilstück von Telgte nach Wesel erst im Unterbau ausgeführt war und während der napoleonischen Zeit auch nicht fertiggestellt wurde.

Das Buch mit Literaturangaben ist in der Stadtbibliothek Dorsten vorhanden: DBK2 Sch


Zitat aus der Halterner Stadtchronik von 1839 im Vestischen Jahrbuch 1954 (56. Band) S.43f : "Zur Errichtung der Chaussee von Münster nach Wesel wurde in diesem Jahre [1811] die Einleitung getroffen, der Bau aber nicht vollendet. Die Anträge, welche bei dem französischen Gouvernement eingelegt wurden, daß nemlich die Chaussee nicht über Lavesum, sondern durch die Stadt Haltern geführt werden möge, wurden nicht berücksichtigt."

Nach 1961

Undatierte Aufnahme (ca 1930??). Quelle: Buch von Hans Hatkämper mit der Textzeile: "Der Napoleonsweg mit dem Pättken und Wagenspur. Im Hintergrund der Hof Büddken - Große-Kock [Hausnr. 55], wo sich von 1847 bis 1854 eine Nebenschule für Strocker und Wulfener Kinder befand.
August 2006 vor dem Haus Talaue 2: noch mit Kugellampen
Unter dem Napoleonsweg verlaufen viele Versorgungsleitungen

Um 1960 hatte der Napoleonsweg nur eine ganz geringe Verkehrsbedeutung, ab Schonebecks Hof war es mehr ein Feldweg, der Baumbestand kümmerlich. Die Planer entschieden sich, den Napoleonsweg nicht als Straße sondern als zentralen Fuss- und Radweg auszubauen. Zitat Hermann Börner: "Der Napoleonsweg ist das schönste Bauwerk Barkenbergs". Bäume wurden nachgepflanzt, aber es entstand keine klassische Allee, da in den breiten Randstreifen auch oft Sträucher wie Holunder belassen wurden. Der Baumbestand besteht aus Eichen, Buchen, Birken und Esskastanien. Die Grundstücks-Trasse ist mit 16m bis 21m breiter als der heute gepflasterte Weg.(Die öffentlichen Randstreifen werden leider mancherorts von Anwohnern annektiert.)

Der Weg bietet eine gute Orientierung im ansonsten unübersichtlichen Barkenberg. Er ist abwechslungsreich, keine monotone schnurgerade Straße. Die meisten Schüler benutzen ihn auf ihrem Schulweg. Unter ihm sind zahlreiche Versorgungsleitungen verlegt. 2006 wurde die Beleuchtung verbessert. Auf seinem Klinkerpflaster bilden - wie auch an anderen Stellen unter Bäumen in Barkenberg - organische Substanzen bei Feuchtigkeit einen Schmierfilm, der Radfahrern beim Bremsen gefährlich werden kann.

Napoleonsweg35schild.jpg

Die Hausnummerierung ist nicht zusammenhängend und damit verwirrend. Im Haus Nr. 35 ist jemand gestorben, weil der Rettungswagen die Adresse nicht fand. Danach wurden für die Zufahrt zu diesem Haus Extraschilder an der Jägerstraße aufgestellt. Auch für die Hausnummern 11 + 15 gibt es ein Hinweisschild vom Surick.

Nördlich des Eichenstück wird er als Schleichweg nach Lembeck (gebraucht/missbraucht). Das Teilstück bis zum Strock ist seit dem 27.02.1995 für den Durchgangsverkehr gesperrt.

Die Verbotene Straße


Literatur: Burs, Helga: Aus der Geschichte der ersten Kunststraße des Dülmener Raumes, der heutigen B 51: 1. Fortsetzung: Planung und Bau der Kunststraße von Wulfen nach Hausdülmen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts In: Dülmener Heimatblätter 1972 ; S. 26 - 31 // 2. Fortsetzung 1973, S.15-20 ; siehe auch Brunn'sche Chronik

Etwas nördlich von Schonebecks Hof / Ev. Kirche. Foto: Rainer Rabe 2006

Zitate

Meilenstein direkt an der Freudenberg-Kreuzung

Aus "Der Kreis Recklinghausen 1850-1910" / Christian Schneider, Münster 1911, S.7 : "Die breite, schnurgerade, stolze Militärstraße Wesel-Haltern[?]-Dülmen-Münster, auf der man noch die Schritte Napoleons I. dröhnen hört, durchquert den Norden des Kreises Recklinghausen von Altschermbeck bis Wulfen. ... [Alle anderen] Post- und Landstraßen konnten sich mit der Napoleonischen bei weitem nicht messen."


"Doch erst nach 1811 wurde der Kunststraßen- oder Chausseenbau [im Münsterland] unter französischer Herrschaft eingeführt. Zeugnis dafür ist der so genannte Napoleonsweg, der 1813 von Dülmen über Wesel nach Wulfen geplant wurde. Diese Chaussee, die militärischen Zwecken dienen sollte, aber nach Napoleons Niederlage nicht mehr fertig gestellt wurde, hat sich an einigen Stellen als Bodendenkmal erhalten. Neu und prägend für den Kunststraßen- oder Chaussebau war die aufwändige Erstellung der Trasse, denn man begnügte sich nicht mehr mit unbefestigten Straßenbelägen, sondern plante einen mehrteiligen Unterbau : Der anstehende Boden wurde abgetragen und größere Steine, Grobschlag und und Kies oder Schotter schichtenweise aufgetragen. Die zur Mittte gewölbte Fahrbahn wurde von Gräben flankiert, die ein Abtrocknen der Fahrbahn erleichtern sollten. Mit Seitengräben, Wölbung der Fahrbahn, ihrer Befestigung mit unterschiedlichen Steinschichten sowie Pflasterung hatte der Stzraßenbau damit Anschluss gefunden an das hohe Niveau der römischen Überlandstraßen ... Die Chaussee bei Dülmen wargeteilt : Einen teilweise gepflasterten mittleren Abschnitt für die Artellerie begleiteten eine Schottertrasse für die Infanterie, auf der anderen Seite ein Kies- oder Erdweg für die berittenen Truppen ... Noch eines ist dem Chausseebau eigentümlich : Seine Trassenführung ist gradlinig und versucht die Verbindung zweier Orte auf dem direkten Weg herzustellen, ein Prinzip, das die älteren Straßen nicht immer verfolgt haben." Zitat von Seite 16f aus: "Straßen und Wege in Mittelalter und Neuzeit" von Cornelia Kneppe. Enth. in : Wege durch die Landschaft / Landschaftsverband Westfalen-Lippe, 2006. [Bibliotheksstandort : EDN Weg]


1994 erschien das Buch "Die Geschichte der Straße" über die Entwicklung des Straßenbaus von dem australischen Autor Maxwell G. Lay. Daraus Zitate zum französischen Straßenbau :

"So besaß Frankreich zwischen 1300 und 1900 vermutlich das beste Straßennetz der Welt". (S.132)

"Am Vorabend der französischen Revolution verfügte Frankreich über rund 20.000 km gepflasterte Straßen ..., die unter Trésaguet und seinen Nachfolgern verbessert worden waren. Dieses gute Verkehrsnetz diente vor allem Militär und Verwaltung. ...
Napoleon sah in den Straßen einen Schlüssel zu seinen militärischen Zielen. Er übernahm in dieser Frage vieles von den Römern und erwarb sich einen Ruf als großer Straßenbauer. ... Napoleon war auch für andere wesentliche Innovationen im Straßenbau verantwortlich. So führte er wirksame Vorkehrungen zum Grunderwerb durch den Staat ein [Enteignungen??], um Straßen bauen zu können. Zwischen 1802 und 1812 gab er doppelt soviel für Straßen wie für militärische Befestigungen aus. Seine strategischen Überlegungen begründeten das französische nationale Landstraßensystem, die routes nationales, und förderten ein ähnliches Bewusstsein in Deutschland, Österreich und den Niederlanden. So hatte Napoleon einen kaum zu überschätzenden Einfluß auf den europäischen Straßenbau.
Seine Version bestand aus einem Mittelstreifen mit Kopfsteinpflaster für die Artellerie [Kanonen], einer Seite mit einer wassergebundenen Kiesdecke für die Infanterie [Fußsoldaten] und einer unbefestigten Spur für die Kavallerie [Reitersoldaten]. Es überrascht nicht, daß nur wenige Straßen dieser [aufwendigen] Art gebaut wurden." (S.114/115)


1905 erschien vom Franzosen Charles Schmidt "Das Großherzogtum Berg 1806-1813 : eine Studie zur französischen Vorherrschaft in Deutschland unter Napoleon I." (Deutsche Ausgabe 1999)

Zitat S.299: "Wie einst das römische Weltreich fand die napoleonische Herrschaft durch den Bau neuer Straßen einen festen Platz in der Erinnerung der Bevölkerung: Brücken und Chausseen bildeten im Großherzogtum wie in den Departements des linken [Rhein-)Ufers einen wichtigen staatlichen Ausgabeposten ... In einem Land, wo ein Mosaik aus kleinen Fürstentümern die Einrichtung großer Chausseen verhindert hatte, brachte die französische Eroberung zahlreiche Verbesserungen. Seit 1806 wurde an dem fehlenden Straßennetz gearbeitet. ... dauerhafte Monumente einer kurzen Periode fremder Herrschaft." (Hauptstadt von Berg war Düsseldorf. Auch das Vest mit Dorsten gehörte ganz kurz dazu.)

Sonstiges

Streckenführung der Route Imperiale Nr.3: RI3 (Paris)-Soissons-Reims-Mézières-Givet-Dinant- Namur-Liège-Tongres-Maastricht-Roermond-Venlo-Sittard-Wesel-Munster-Osnabruck-Hambourg. Die Bezeichnung hatte nur bis 1815 bestand. Die heutige Route Nationale Nr. 3 verläuft (durch die Dorstener Partnerstadt Dormans!) von Paris nach Saarbrücken, hat also einen ganz anderen Verlauf.


Siehe auch die Seiten Napoleonsweg - Napoleons Weg? und Franzosenzeit