Napoleonsweg

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NapoleonsEuropa.jpg

Route impériale de première classe de Paris á Hambourg

Sie haben sich nicht verlesen! Der Napoleonsweg ist Teil einer "Grande route", der 14-20 Meter breiten Kaiserstraße Nr.3 Paris-Reims-Lüttich-Wesel-Münster-Bremen-Hamburg. Napoleon annektierte während der Kontinentalsperre Nordwestdeutschland womit die Herrlichkeit Lembeck mit Wulfen zum Kaiserreich Frankreich gehörte! Aus militär-strategischen Gründen ließ Napoleon 1811/1812 eine Große Heerstraße von Paris nach Hamburg beginnen. Von Wesel aus verlief sie recht geradlinig auf Wulfen zu, die Trasse der späteren B58. Von Wulfen sollte die Straße durch die öde Hohe Mark Richtung Dülmen verlaufen, gegenüber einer Linienführung über Haltern eine nur 2 km kürzere Strecke.

Rot=Frankreich 1812 . Grün=Heerstraße Paris-Hamburg
Karte 1821

Die französischen Heerstraßen wurden in der Mitte für die schwere Artillerie gepflastern und hatten an den Seiten Sandstreifen für die Marschkolonnen sowie Entwässerungsgräben. Gepflastert waren in Wulfen nur die ersten 600 Meter als die Zeit Napoleons nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Herbst 1813 zu Ende ging. Große Teile der ganzen Straße waren da noch im Bau. Der Abschnitt Wulfen-Lavesum wurde nie fertiggestellt. Preußen baute stattdessen 1832 die Straße Wulfen-Haltern, die heutige Dülmener Straße. Die B51 von Dülmen nach Münster und Telgte ist ebenfalls Teil der napoleonischen Heerstraße und wurde auch erst teilweise 1828 fertiggestellt. Daher stammt der Name "Weseler Straße" für die südliche Haupteinfallsstraße in die Domstadt.

Straßenbau-Verdingung, aus Rhade Bd.2

Seit der Römerzeit hat es rund 1.500 Jahre in Mitteleuropa keinen nennenswerten Fernstraßenbau gegeben, die Wege waren in einem schrecklichen Zustand. Die "Kunststraßen" Napoleons sind die ersten modernen Straßen.

Napoleon selbst ist definitiv nie in Wulfen gewesen. Auf einer Huldigungsreise durch das Rheinland war er aber im Herbst 1811 in Wesel. Reste seiner Truppen zogen nach den Niederlage von Leipzig Ende 1813 durch Wulfen zum Rhein, denen preußische und russische Truppen folgten.

Literaturtipp: Die Herrlichkeit Lembeck in napoleonischer Zeit / Hugo Hölker. In: Rhade : Beiträge zur Geschichte und Volkskunde im 20. Jahrhundert, Bd. 2, 1989, S.88-101

Hanne David: Zustand der Wege in Westfalen in früheren Jahrhunderten. In: Dülmener Heimatblätter. 2004, Heft 2

Link: Große Karte von Westfalen 1811

Bau der Militärstraße, von H. Scheffler

Buchumschlag

In dem 1983 erschienen Buch "Soldaten Napoleons im Raum Schermbeck, Drevenack, Büren" von Helmut Scheffler ist auf S.42-44 folgendes zu lesen {gekürzt}:

Für ein Land, das sich fortwährend genötigt sah, sein Heer in die verschiedensten Richtungen zu schicken, war die Forderung nach gut ausgebauten Straßen leicht einsehbar. Frankreich galt seit Colberts Tagen als das klassische Land des Straßenbaus. Sein straff verwaltetes Staatswesen erlaubte die systematische Anlage von überregionalen Straßen. Währrend der Zeit von 1800 bis 1812 sind in dem damaligen Frankreich allein 300 Millionen Fr. für den Straßenbau verwendet worden. Zunächst wurde die Route Venlo-Wesel in Angriff genommen, dann beschloss Napoleon den Bau einer durchgehenden Verbindung Paris-Hamburg. "Die Chaussee Hamburg-Wesel", schrieb Napoleon dem Finanzminister Gaudin am 17. August 1811, "rückt Hamburg um 4 Tagesreisen näher an Paris heran; das sichert und befestigt die Vereinigung dieser Länder mit dem Kaiserreich und es ist eine Angelegenheit von höchster Bedeutung". Zahlreiche Bauern ... mussten ihre Ländereien abgeben. Hinzu kamen Hand- und Spanndienste, die zum Teil erst nach 1816 abgegolten wurden. 1813 wurde die neue Straße ... [in eine Karte] eingetragen, obwohl das Teilstück von Telgte nach Wesel erst im Unterbau ausgeführt war und während der napoleonischen Zeit auch nicht fertiggestellt wurde.

Das Buch mit Literaturangaben ist in der Stadtbibliothek Dorsten vorhanden: DBK2 Sch

Nach 1961

August 2006 vor dem Haus Talaue 2: noch mit Kugellampen und vor dem Rückschnitt der Sträucher


























Um 1960 hatte der Napoleonsweg nur eine ganz geringe Verkehrsbedeutung, ab Schonebecks Hof war es mehr ein Feldweg, der Baumbestand kümmerlich. Die Planer entschieden sich, den Napoleonsweg nicht als Straße sondern als zentralen Fuss- und Radweg auszubauen. Zitat Hermann Börner: "Der Napoleonsweg ist das schönste Bauwerk Barkenbergs". Bäume wurden nachgepflanzt, aber es entstand keine klassische Allee, da in den breiten Randstreifen auch oft Sträucher wie Holunder belassen wurden. Der Baumbestand besteht aus Eichen, Buchen, Birken und Esskastanien. Die Grundstücks-Trasse ist mit 16m bis 21m breiter als der heute gepflasterte Weg.(Die öffentlichen Randstreifen werden leider mancherorts von Anwohnern annektiert.)

Der Weg bietet eine gute Orientierung im ansonsten unübersichtlichen Barkenberg. Er ist abwechslungsreich, keine monotone schnurgerade Straße. Die meisten Schüler benutzen ihn auf ihrem Schulweg. Unter ihm sind zahlreiche Versorgungsleitungen verlegt. 2006 wurde die Beleuchtung verbessert. Auf seinem Klinkerpflaster bilden -wie auch an anderen Stellen unter Bäumen in Barkenberg - organische Substanzen bei Feuchtigkeit einen Schmierfilm, der Radfahrern beim Bremsen gefährlich werden kann.

Die Hausnummerierung ist nicht zusammenhängend und damit verwirrend. Im Haus Nr. 35 ist jemand gestorben, weil der Rettungswagen die Adresse nicht fand. Danach wurden für die Zufahrt zu diesem Haus Extraschilder an der Jägerstraße aufgestellt. Auch für die Hausnummern 11 + 15 gibt es ein Hinweisschild vom Surick.

Nördlich des Eichenstück wird er als Schleichweg nach Lembeck (gebraucht/missbraucht). Das Teilstück bis zum Strock ist seit dem 27.02.1995 für den Durchgangsverkehr gesperrt.


Literatur: Burs, Helga: Aus der Geschichte der ersten Kunststraße des Dülmener Raumes, der heutigen B 51: 1. Fortsetzung: Planung und Bau der Kunststraße von Wulfen nach Hausdülmen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts In: Dülmener Heimatblätter 1972 ; S. 26 - 31 // 2. Fortsetzung 1973, S.15-20 ; siehe auch Brunn'sche Chronik

Etwas nördlich von Schonebecks Hof / Ev. Kirche. Foto: Rainer Rabe 2006

Zitate aus LAY : Die Geschichte der Straße

1994 erschien das Buch über die Entwicklung des Straßenbaus von dem australischen Autor Maxwell G. Lay. Nachfolgend Zitate zum französischen Straßenbau hieraus :

"So besaß Frankreich zwischen 1300 und 1900 vermutlich das beste Straßennetz der Welt". (S.132)

"Am Vorabend der französischen Revolution verfügte Frankreich über rund 20.000 km gepflasterte Straßen ..., die unter Trésaguet und seinen Nachfolgern verbessert worden waren. Dieses gute Verkehrsnetz diente vor allem Militär und Verwaltung. ...
Napoleon sah in den Straßen einen Schlüssel zu seinen militärischen Zielen. Er übernahm in dieser Frage vieles von den Römern und erwarb sich einen Ruf als großer Straßenbauer. ... Napoleon war auch für andere wesentliche Innovationen im Straßenbau verantwortlich. So führte er wirksame Vorkehrungen zum Grunderwerb durch den Staat ein, um Straßen bauen zu können. Zwischen 1802 und 1812 gab er doppelt soviel für Straßen wie für militärische Befestigungen aus. Seine strategischen Überlegungen begründeten das französische nationale Landstraßensystem, die routes nationales, und förderten ein ähnliches Bewusstsein in Deutschland, Österreich und den Niederlanden.So hatte Napoleon einen kaum zu überschätzenden Einfluß auf den europäischen Straßenbau.
Seine Version bestand aus einem Mittelstreifen mit Kopfsteinpflaster für die Artellerie [Kanonen], einer Seite mit einer wassergebundenen Kiesdecke für die Infanterie [Fußsoldaten] und einer unbefestigten Spur für die Kavallerie [Reitersoldaten]. Es überrascht nicht, daß nur wenige Straßen dieser [aufwendigen] Art gebaut wurden." (S.114/115)


Sonstiges

Streckenführung der Route Imperiale Nr.3: RI3 (Paris)-Soissons-Reims-Mézières-Givet-Dinant-Namur-Liège-Tongres-Maastricht-Roermond-Venlo-Sittard-Wesel-Munster-Osnabruck-Hambourg. Die Bezeichnung hatte nur bis 1815 bestand. Die heutige Route Nationale Nr. 3 verläuft (durch Dormans!) von Paris nach Saarbrücken, hat also einen ganz anderen Verlauf.