22. März 1945
Der schlimmste Tag in der Wulfener Geschichte
Dem Kriegsende ging ein Luftangriff voraus, der 23 Wulfener tötete, 15 Häuser und die Kirche zerstörte. Daran erinnert eine Gedenktafel an der Südseite des Turmes von St. Matthäus, die der Heimatverein 2005 am 60. Jahrestag anbrachte.
Die Toten wurden zusammen auf dem St. Matthäus-Friedhof beigesetzt. An sie erinnert eine Stele, siehe Fotos unten.
[Information des Heimatvereins 2013:]
Der 22. März 1945 wird Wulfens Schicksalstag.
Morgens, um 10:10 Uhr werden bei einem Angriff eines
amerikanischen Bomberverbandes vier Bombenteppiche über
das Dorf gelegt;
der erste trifft das Dorf und die Kirche,
der zweite den Bahnhof,
der dritte den neuen Friedhof und
der vierte die Häuser Auf der Koppel.
Insgesamt werden von etwa 125 Sprengbomben von 5 bis 10
Zentnern Gewicht außer der Kirche 15 Häuser total zerstört, 7
weitere müssen sofort geräumt werden und 12 andere
erhalten schwere Beschädigungen. Insgesamt fordert der
Angriff 23 Todesopfer.
22 Opfer der Bombenkatastrophe werden unter großer
Anteilnahme der Bevölkerung am 25.3.1945 auf dem
ebenfalls von Bomben getroffenen, verwüsteten Friedhof
gemeinschaftlich in einem als Grab dienenden Bombentrichter
beigesetzt. Es ist Palmsonntag, 19:00 Uhr.
Inhaltsverzeichnis
Totenliste
Karl-Heinz Bleser 8 Monate
Johanna Droste 30 Jahre
Anna Feldmann 57 Jahre
Bernhardine Grewer 43 Jahre
Werner Grewer 9 Jahre
Willi Grewer 7 Jahre
Carl Henschel 42 Jahre, aus Gelsenkirchen
Siegmund Konitzki 29 Jahre, polnischer Zwangsarbeiter aus Lodz/Litzmannstadt
Hedwig Pier 21 Jahre
Johann Potthast 68 Jahre
Franz Rößmann 68 Jahre
Wilhelm Rößmann 59 Jahre
Christine Rößmann 59 Jahre
Franziska Rößmann 32 Jahre
Gertrud Rößmann 16 Jahre
Elisabeth Rohlof 34 Jahre
Annette Rohlof 5 Jahre
Karl-Heinz Rohlof 2 Jahre
Toni Schäpers 4 Jahre
Bernardine Stolbrink 21 Jahre
Hilde Stolbrink 19 Jahre
Heinz Stolbrink 16 Jahre
Hilde Wibbelt 15 Jahre
Andere Luftangriffe auf Wulfen
Wulfen wurde bereits ab 1943 durch aliierte Bomber und andere Flugzeuge angegriffen.
- 9. Januar 1943
- 25. März 1943
- 21. Juni 1944 (große Flurschäden durch Spreng- und Brandbomben)
- 25. Juni 1944
- 22. Februar 1945 Wulfen Hervester Straße (Angriff auf Fahrzeuge durch Bordwaffenbeschuss), Bahnstrecke Wulfen-Deuten-Rhade (Sprengbomben, geringer Schaden)
- 25. Februar 1945 Wulfen (Transportzug auf dem Muna-Gelände, drei Wohnhäuser, Gehöft Vennemann in Sölten)
Quelle: Dorsten unterm Hakenkreuz (Tipp von "Freddy")
Chronik des Kriegsendes
Nach: "Krieg vor der eigenen Haustür", Wesel 2004.
- März 1945 : Briten, Amerikaner und Kanadier erobern den linksseitigen Niederrhein
- 10. März: die Wehrmacht sprengt die Weseler Rheinbrücke und zieht sich ganz auf das Ostufer zurück
- Ab dem 15. März wurde das Rheinufer künstlich eingenebelt um die Angriffvorbereitungen der Allierten zu verbergen. Allierte Jagdbomber im Tiefflug schießen auf alles was sich bewegt
- Zitat: "Das der Angriff kurz bevorstand, zeichnete sich deutlich ab. Am 22. März wurden zahlreiche Städte im weiten Umkreis des Angriffraums in Tageangriffen bombardiert, um das Gefechtsfeld 'abzuschnüren': Verkehrszentren sollten zerstört werden, um deutsche Nachschubwege zu unterbrechen. Und so traf es an diesem Tag Dorsten [319 Tote] und Bocholt [341 Tote] [und Wulfen und Gladbeck und Mülheim und Dülmen] ... Am 23. März fielen Bomben auf Schermbeck [und Recklinghausen], doch vor allem für Dinslaken wurde dieser Tag zum 'schwarzen Freitag' [749 Tote]." Quelle: Krieg vor der eigenen Haustür, Wesel 2004, S.65f
- 23. März: Beginn der Offensive Operation "Plunder". Die Artillerie beschießt stundenlang aus 1300 Geschützen Ziele auf der anderen Seite. Bombenangriff auf Wesel, das bereits durch Luftangriffe im Februar völlig zerstört war. In der Nacht überqueren bei Rees, Xanten, Wesel und Dinslaken allierte Soldaten in Sturmbooten und Schwimmpanzern den Rhein.
- 24. März: Operation "Varsity", die größte Luftlandung der Weltkriegsgeschichte: von 19 Flugplätzen in Südengland und um Paris starten bei Sonnenaufgang 890 Schleppflugzeuge mit 1350 Lastenseglern und 650 Transportflugzeugen mit 9600 Fallschirmjägern. Um 10 Uhr landen sie zwischen Wesel und Hamminkeln. Bau erster Pontonbrücken. 21.000 Allierte Soldaten sind am Abend auf der rechten Rheinseite.
- 25. März: Churchill, Eisenhower und Montgommery kommen an die Front und setzen auch kurz über den Fluss
- 26. März: Die Brückenköpfe Rees, Bislich, Wesel und Dinslaken sind nach zweitägigen Kämpfen zu einem großen Brückenkopf vereinigt.
- 27. März: Vorstoß bis auf die Höhe von Erle und Schermbeck
- 28. März: Ein britisches Panzerbataillon mit aufgesessenen Fallschirmjägern des amerikanischen 513.Fallschirmjäger-Regiments stürmt auf der heutigen B 58 ohne größere Probleme über Wulfen nach Osten, bis kurz vor Haltern.
- 29. März: Die 8.US-Panzerdivision erobert Dorsten
Man schätzt, dass der Rheinübergang und die Etablierung eines stabilen Brückenkopfes die Allierten etwa 1.800 Menschenleben kostete und auf deutscher Seite über 3.000 Soldaten gestorben sind.
Nach dem Rheinübergang stoßen die Allierten rasch nach Osten vor und erreichen am 25. April die Elbe
8. Mai 1945: Kapitulation der Wehrmacht, Kriegsende in Europa
Zeitgleich mit den Luftangriffen auf Wulfen und Dorsten gab es am 22. und 23. März die größte und weiträumigste anglo-amerikanische Luftangriffskampagne im Zweiten Weltkrieg, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Clarion
Siehe auch
Literatur
- Der 22. März 1945 in Wulfen / Geschichtsgruppe des Heimatvereins Wulfen. Heimatkalender 1991, S.98-100.
- Wulfens Schicksalstage [notiert 5.4.45] / Pfarrer Franz Janmieling. Heimatkalender 1952, S.102-104
- Hermann Grewer: Bomben hagelten auf Wulfen [Bericht eines Überlebenden des 22.3.45], In: Kriegskinder : Dorstener Zeitzeugen erzählen / zusammengestellt und bearbeitet von Anke Klapsing-Reich. Büchveröffentlichung der Dorstener Zeitung 2009, S74-76
- Dorstener ermordeten 1945 in Wulfen drei alliierte Flieger – nach dem Krieg verübten die Täter im Gefängnis Selbstmord
Das Kriegsende in unserer Region
Diese Bücher sind in der Stadtbibliothek Dorsten vorhanden:
- Die Entscheidungsschlacht am Niederrhein 1945 / Hubert Bernhardt, 1976
- Endkampf zwischen Rhein und Weser / Werner Niehaus, 1983
- Die Entscheidungsschlacht an Rhein und Ruhr / Helmuth Euler, 1978
- Der Große Kessel - eine Dokumentation über das Ende des zweiten Weltkrieges zwischen Lippe und Ruhr, Sieg und Lenne / Willi Mues, 1984
- Krieg vor der eigenen Haustür: Rheinübergang und Luftlandung am Niederrhein 1945 / Alexander Berkel, Neuausgabe Wesel 2004
- Seventeenth Airborne Division 1987, 2.Aufl. 1999 [Wulfen: S.49]
Was passierte woanders am 22.3.1945?
Luftangriffe auf Dorsten, Herten, Bochum, Ahaus, Bocholt, Rhede, Südlohn, Paderborn, Ratingen, Fulda, Hildesheim, Hamburg, Berlin, Schwäbisch Hall.
Westfront: Die 3. US-Armee überquert den Rhein bei Nierstein, westlich von Mainz.
Ostfront/Schlesien: Konjews 1. Ukrainische Front bricht westlich und südlich von Oppeln durch.
Es erschien die letzte Wochenschau in der NS-Zeit (mit dem letzten öffentlichen Auftritt Hitlers): bei Youtube aufrufbar
http://www.das-kriegsende.de/alliiertes-flugblatt-vom-28-maerz-1945/