Eiszeit
Die Eiszeit war ein geologisch relativ kurzer, jedoch für Landschaft, Vegetation und Tierwelt entscheidender Abschnitt der jüngeren Erdgeschichte.
Seit 1875 ist bekannt, dass Norddeutschland früher mit von Skandinavien vorrückenden Gletschern bedeckt war. Im Drenthe-Stadium der Saale-Kaltzeit vor rund 200.000 Jahren reichte das Inlandeis bis zur Ruhr. Deren drei Eisvorstöße bedeckten auch Wulfen mit vermutlich bis zu 60 m hohen Eismassen.
Das Eis hat das kreidezeitliche Relief (z.B. Hohe Mark) wohl nicht sehr verändert. Als Relikt der Vereisung wurde wie in der ganzen westfälischen Bucht auch hier eine Grundmoräne abgelagert. Das ist meist ungeschichteter und unsortierter, von Ton über Schluff und Sand bis zu Steinen reichender Gesteinsschutt, der an der Gletscherbasis abgesetzt wurde. Bei Steinen ab 2 cm Größe spricht man von Geschieben. Besondere Beachtung haben immer schon die in unserem Bereich seltenen Findlinge gefunden. Sehr groß ist ein 11 t schwerer Sandstein bei Brünen, der vom 50 km entfernten Bentheimer Berg stammt. Das „Holtwicker Ei“ bei Ahaus besteht aus skandinavischem Biotitgranit und wiegt rund 30 t.
Wegen des Mangels an Bausteinen sind viele Findlinge zum Bau von Mauern oder Fundamenten verwendet worden.
Das Material der Grundmoräne wurde vom Eis aus dem überfahrenen Untergrund aufgenommen und transportiert. Im allgemeinen stammt ein Drittel aus dem finnisch-skandinavischen Raum und zwei Drittel aus dem Lokalbereich (z.B. Münsterland und Teutoburger Wald).
Die in Wulfen rund 10 m mächtige Grundmoräne ist im allgemeinen kalkhaltig und wird deshalb nach ihrer Zusammensetzung auch als Geschiebemergel bezeichnet. Im oberen Bereich ist sie meistens zu einem Geschiebelehm entkalkt. Nach vollständiger Verwitterung und Abtragung (vor allem auf höheren Lagen) bleiben nur noch größere Geschiebe zurück, die auf den Flächen der kreidezeitlichen Gesteine häufig zu finden sind. An einigen Stellen ist sie durch Flugsanddünen der Weichsel-Kaltzeit überdeckt.
In Skandinavien gibt es einige nur in bestimmten Regionen vorkommende Gesteine. Die Geschiebe lassen sich daraufhin untersuchen um Aufschlüsse über die Eisbewegungen zu bekommen. Eine Auswertung von auf einem Acker bei Wessendorf aufgelesenen Steinen nach diesen Leitgeschieben ergab : 60% Nordschweden und Finnland, 2% Alandinseln, 3% Mittelschweden, 5% Dalarna, 30% Smaland. Feuersteine stammen aus dem Ostseebereich. Viele der Steine, den man hier im Boden oder auf einem Acker findet, sind durch das Eis verfrachtet worden! Ortsübliche Steine sind lediglich kreidezeitliche Sandsteine und Eisenschwarten.
In der letzten Eiszeit (Wechsel-Kaltzeit) reichten die Gletscher nur bis Schleswig-Holstein und Mecklenburg. Das Klima in unserer Region war sehr kalt und trocken. Es konnte sich keine schützende Vegetationsdecke bilden und durch starke Winde wurde Bodenmaterial verfrachtet. So bildeten sich in unserer Region an einigen Stellen Flugsanddecken, teilweise sogar Dünen (z.B. nördlich der Maiberger Allee).
Quelle: Die Eiszeit in Nordwestdeutschland : Zur Vereisungsgeschichte der Westfälischen Bucht und angrenzender Gebiete. Krefeld: Geologisches Landesamt, 1993. 143 S.
Inhaltsverzeichnis
Findlinge in Wulfen und Umgebung
Ob die Findlinge alle aus der Nähe des jeweiligen Aufstellortes stammen, ist nicht bekannt.
(Fotos sind vergrößerbar)
Siehe auch
Weblinks
Eiszeitliche Geschiebe : http://www.kristallin.de/
Literatur
- "Findlinge nennt man sie, weil von der Brust, der mütterlichen gerissen ..." : Eiszeitliche "Irrblöcke" im Vest Recklinghausen und ihre naturwissenschaftliche Deutung / Arno Strassmann. Vestischer Kalender 1998, S.193-205
- Naturdenkmale im Kreis Recklinghausen / H. Haase und C. Schnabel. Vestischer Kalender 1979, S.162-168
- Findlinge und andere Steine /A Flunkert. Heimatkalender 1973/74, S.100-103
- Findlinge in Nordrhein-Westfalen und angrenzenden Gebieten / Eckhard Speetzen. 1998
- Liedtke, H. : Spuren der Eiszeit - Die Hohe Mark in Haltern. In: Hommel, M. u. W. Dege (Hg.): Vor Ort im Ruhrgebiet. Ein Geogr. Exkursionsführer. Essen, S.22-23