Midlicher Mühlenbach
Der Bach entspringt in Groß-Reken, heißt nach der Vereinigung mit dem Lembecker Schlumpenbach Wienbach um in Holsterhausen als Hammbach in die Lippe zu münden. Für das Münsterland hat er eine hervorragende Wasserqualität. Zum großen Teil wird er von Grundwasser aus der Hohen Mark gespeist, das auch im Hochsommer relativ kühl und sauerstoffreich ist. Dadurch leben seltene Arten in ihm, wie die Groppe oder das Flussneunauge.
Sein Bachbett ist nicht so natürlich. Um 1900 wurde er begradigt und um 1970 wurde sein Lauf für den Bau der Neuen Stadt verlegt und vertieft. Die damit verbundene Grundwasserabsenkung ermöglichte erst den Bau des Zentrums Wulfener Markt und des Westabschnittes.
Ungefähr seit 2010 wird das Bachufer nicht mehr überall unterhalten sondern eher wieder sich selbst überlassen. Anfang 2013 wurde der Abschnitt nördlich der Straße "In der Wenge" renaturiert (siehe Fotos). Der schönste Abschnitt befindet sich in dem Wäldchen südlich dieser Straße.
Ein Problem ist der auch für Menschen gefährliche Riesen-Bärenklau (schwere Hautverbrennungen). Diese auch Herkulesstaude genannte große Pflanze wird vom Vestischen Umweltzentrum aktiv bekämpft.
Da der Bach nahe am Ort verläuft, wurden zahlreichen Brücken errichtet.
Wegen großer Bergsenkungen in Holsterhausen fließt er nicht mehr natürlich in die Lippe, sondern sein Bett musste auch verlegt werden. An seinem Ende steht dann an der Baldurstraße in Holsterhausen das zweitgrößte Pumpwerk des Lippeverbandes (entworfen von Hans Stumpfl, das das Wasser 12/14 Meter(!) anhebt, um es in drei großen Druckröhren 600 Meter weit und über den Deich zu befördern. Pumpleistung max. 16,5 Kubikmeter/Sekunde.
Für die Unterhaltung des Gewässers ist der Wasser- und Bodenverband Hohe Mark zuständig, wofür 2014 21.200 € anfallen. Viel bedeutender für die betroffenen Grundstücksbesitzer sind die Lippeverbandsbeiträge, so dass je ha insgesamt durchschnittlich 14,54 € anfallen (Satzung der Stadt Dorsten für die Umlegung des Unterhaltungsaufwandes für fließende Gewässer 2014).
Inhaltsverzeichnis
Sandfang am Wienbach
Erläuterungen zur Errichtung eines Sandfanges am Wienbach bei km 3.7 „An der Wienbecke“ von Jochen Ahlers, Kreisverwaltung Recklinghausen (14.12.13)
Das Bachsystem des Wienbachs ist seit 2005 als Naturschutzgebiet ausgewiesen und dank seiner Wasserqualität und seiner Fisch- und Rundmäulerarten von herausragender Bedeutung. Es wurde als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet der Europäischen Union gemeldet und ist damit Teil des europaweiten Schutzgebietssytem „Natura 2000“. In Publikationen des Landesumweltamtes NRW ist der Wienbach als Referenzgewässer aufgeführt für grundwassergeprägte, sandige Fließgewässer der Sander und sandigen Aufschüttungen. Im Zusammenhang mit dem Vogelparadies Hervester Bruch haben wir hier einen regional einzigartigen Biotopkomplex aus Fließgewässertalung, Feuchtwald, offenen Wasserflächen, Röhrichten, Seggenrieden und feuchtem Grünland.
Gleichwohl gibt es noch Handlungsbedarf, der sich rechtlich aus der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ergibt. Danach müssen die Durchgängigkeit und die Strukturen (Lebensraumqualität) der Fließgewässer verbessert werden, sodass insgesamt ein guter ökologischer Zustand entstehen kann. Zum Beispiel müssen Wanderungs- Hindernisse beseitigt werden, um die Durchgängigkeit für wandernde Tierarten zu gewährleisten, Durchlässe vergrößert, Uferverbau entfernt und Pufferstreifen zu angrenzendem Ackerland geschaffen werden. Zur Erreichung dieser Ziele setzt der „Fachdienst Umwelt“ des Kreises Recklinghausen weiterhin auf die Kooperation mit den landwirtschaftlichen Betrieben und die gute Zusammenarbeit mit dem Wasser- und Bodenverband „Rhader Bach/Wienbach“.
Im Januar 2013 hat der Wasser- und Bodenverband im Auftrag des Fachdienstes Umwelt des Kreises Recklinghausen rund 1.800 Tonnen Bauschutt aus den Böschungen des Wienbachs ausgebaggert und entsorgt. Diese Uferentfesselung ermöglicht nun eine eigendynamische Entwicklung des Fließgewässers, so wie es seinem typkonformen Fließverhalten entspricht. Der Wienbach kann sich nun in dem 1 km langen Bachabschnitt, nördlich der Brücke „An der Wienbecke“ wieder entsprechend seiner natürlichen, schwingenden bis mäandrierenden Laufform entwickeln. Dies ermöglichen die Eigentumsverhältnisse: Der Kreis ist seit zwei Jahren Eigentümer des Bachabschnitts samt der zugehörigen Bachaue mit einer Fläche von ca. 7 ha. Es finden dort keine weiteren Baumaßnahmen zur Profilierung oder Laufveränderung des Baches statt. Lediglich Totholz- Elemente und Strömungslenker aus Gehölzen, die für die Baumaßnahmen entnommen werden mussten, wurden in die Bachsohle eingebaut und dienen dem noch recht unbeschatteten Bach als wertvolle Strukturelemente und Tierlebensräume.
In dieser Anfangsphase der eigendynamischen Entwicklung kann es zu einem erhöhten Sandtransport im Bachprofil kommen. Aus diesem Grunde wird zurzeit in Höhe der Kreisstrasse, vor Eintritt des Bachs in den ökologisch besonders wertvollen Feuchtwald des Hervester Bruchs, ein naturnah gestalteter Sandfang errichtet. Sollte aufgrund von Hochwasserereignissen ein erhöhter Geschiebetransport stattfinden, haben wir hier die Möglichkeit, Sand zu entnehmen und oberhalb im Tal wieder abzulegen. Gleichwohl soll der Sandfang sich als Bestandteil des Bachbiotops entwickeln. Aufgrund der ersten Erfahrungen rechnen wir aber nicht mit besonderen Mengen. Vielmehr deutet sich an, dass es zu einer Stabilisierung innerhalb der Renaturierungszone gekommen ist und der Sand hier nur leicht verfrachtet wird und sich unmittelbar wieder anlagert und neue wertvolle Gewässerstrukturen ausbildet. Es ist erstaunlich und freut uns sehr, wie sich hier in nur 11 Monaten nach der Entnahme des Bauschutts der Bachlauf entwickelt und typische, naturnahe Ufer ausformt: Der Bach wird breiter und Gleit- und Prallufer mit Abbrüchen (mögliche Brutstellen für den Eisvogel) bilden sich aus. Sandbänke, Wasserpflanzenpolster und Totholz- Elemente wechseln mit stillen sowie durchströmten Pools und bilden vielgestaltige Sohlstrukturen. Das Wasser fließt nicht mehr einförmig schnell; es gibt sowohl schnelle wie sehr langsame und stille Stellen und flache, tiefe, sandige, kiesige und lehmige Sohlabschnitte, die insgesamt ein vielfältiges Lebensraummosaik ausbilden. Die erwünschte Erhöhung und Verbreiterung der untypisch eingeschnittenen Bachsohle und die Verlängerung des Bachlaufs durch die Uferabbrüche sind bereits zu beobachten. Das Projekt findet auch Beachtung in der Fachwelt, da es in dieser Form einzigartig in NRW ist.
Literatur
- Der Wienbach (Dorsten) und seine Wasserinsekten als Beispiel für einen wertvollen großen Flachlandbach in der Kulturlandschaft / Regina Hahn, Tobias Thimm. In: Verhandlungen des westdeutschen Entomologentages Düsseldorf 1991, S.125-133 (ISSN0936-5354) [Vorhanden in der Bibi]
- Niels Ribbock: Bäche in Dorsten. In: Heimatkalender 2007, S.176-180
- Fließgewässer im Lippeverbandsgebiet. Biologie - Beschaffenheit - Bachsysteme / Lippeverband, 2006. S.48-49 u.a. (Bibliotheksstandort DEO Fli)